Erinnerungen an die Stille Weihnachtszeit!

Erinnerungen an die Stille Weihnachtszeit!
Mittlerweile war ich 10 Jahre alt geworden und wie jedes Jahr freute ich mich auf die Weihnachtszeit mit ihren vielen schönen Erlebnissen!
Endlich durfte ich, Vater war der Meinung, ich sei alt genug, den Weihnachtsbaum für's Fest allein im Wald aussuchen und ernten!
Es waren die unheimlichen Tage, in denen der Sankt Nikolaus mit seinem Knecht Ruprecht unterwegs war und in der Dämmerstundenzeit erzählte man sich gruselige Geschichten.
Mit meinem Schlitten, einem Schutzheiligen in der Tasche, einer Säge und Axt, dick eingepackt, ging es in den Wald.
Als Kind hat man ja so seine Vorstellung von einem Weihnachtsbaum!
Er sollte ein großer, wunderschöner Baum sein, die Äste stabil, sie sollten ja auch etwas tragen können.
Ich stellte den Schlitten am Rande der Fichtenschonung ab, wie enttäuscht war ich, durch den vielen Schnee, der die Bäume bedeckte, sahen alle gleich aus.
Stundenlang kroch ich durch die Schonung, um meinen Baum zu finden.
Ein Baum im Wald sieht ganz anders aus, als wenn er in der Stube steht!
Endlich, es wurde schon dunkel, fand ich den richtigen Baum, schnitt ihn ab und war froh, ihn zu Hause in die Waschküche schleppen zu können.
Doch merkwürdig, mein schlanker, pfeilgerader Baum, war nach dem der Schnee abgetaut war, ein krummes, kümmerliches Gewächs.
Ich mußte meine ganze Kunst aufbringen, durch Zurechtbiegen der Äste, ihn in einen brauchbaren Baum zu verwandeln, bevor ich ihn meinen Eltern präsentieren konnte.
Man sagt, die Weihnachtszeit sei die Stille Zeit, aber wo war sie?
Es roch im ganzen Haus nach Weihnachten, Zimt, Lebkuchen und Bratapfel, aber die, die in der Küche werkelten, waren mit Sprengstoff geladen und in der Luft lagen Ohrfeigen, wenn man versuchte, etwas von den Leckereien zu ergattern.
War ich nicht schnell genug aus der Küche verschwunden, mußte ich Teig rühren und dabei wurde ich überprüft, ob ich den Text für das Krippenspiel schon gelernt hatte!
Dieses Jahr war ich der Josef und Oma übernahm die Rolle der Maria, wehe es klappte nicht, dann durfte ich die Teigschüsseln auch noch abwaschen.
Von Stille war hier auch keine Rede!
Es ging unermüdlich weiter, nach dem

Abendessen wurde der Weihnachtsbaumschmuck gebastelt!
Wie jedes Jahr wurde ein Heft echtes Blattgold in der Drogerie, um die Ecke gekauft!
Dann wurden Walnüsse in Leimwasser getaucht, um sie mit dem Blattgold zu verschönern, man mußte die hauchdünnen Blätter um die Nüsse blasen.
Die Schwierigkeit bei der Tätigkeit war aber, vorher durfte keiner jegliche Luft von sich geben, man saß um den Tisch und alle liefen blau an, aus Luftmangel!
Plötzlich mußte einer niesen und die Goldblättchen flogen durchs ganze Zimmer, sie lagen überall, nur nicht auf den Nüssen.
Doch es wurde nicht aufgegeben, der Lebkuchen wurde in Gold - und Silberpapier eingewickelt, wehe man versuchte einen zu essen, es hagelte Kopfnüsse.
Wie es so üblich war, in jener Zeit, wurde in einem Badezuber, Zinkwanne, die in der Küche vor den Ofen stand, einmal in der Woche gebadet!
Auch am Heiligabend wurde der Zuber in die Küche geschleppt und mit heißem Wasser gefüllt!
Ich saß vom heißen Wasser umspült, krebsrot im Zuber, verträumt dachte ich an die schönen Geschenke unter dem Tannenbaum!
Und hoffte inständig, der Prozedur des Gewaschenwerdens zu entgehen, ich war ja schon 10 Jahre!
Aber Oma war unerbittlich, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, wurde ich mit einer großen Wurzelbürste und einem Stück Kernseife bearbeitet.
Es half kein Geschrei und Gezeter, je mehr ich mich wehrte, um so toller wurde es, am Heiligen Abend mußte man sauber sein!
Wie neu stand ich dann vor dem Weihnachtszimmer, der Duft von Kernseife umwehte mich und wartete auf das Klingeln des Glöckchen, welches zur Bescherung rief.
Ich betrat das dunkle Zimmer, in der Ecke mein Baum, kerzengerade, wunderschön, die Wachskerzen brannten und ihr Licht spiegelte sich in den vergoldeten Nüssen und den, in Gold - und Silberpapier, verpackten Lebkuchen wider.
Es wurden Weihnachtslieder gesungen, ein Lied, welches die ganze Welt erobert hatte, "Stille Nacht, Heilige Nacht", ließ mich besonders aufhorchen.
Später dann, wenn die Kerzen längst am Baum abgebrannt waren, der Vollmond mit seinem silbernen Licht den Raum erhellte, da war sie die stille Zeit im Jahr, die wirkliche Stille und der Frieden, welches ich bis heute nie vergessen habe.

Autor: Dieter Siebald

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